In beiden "Freihandelsabkommen" geht es nicht primär um die Senkung von Zöllen oder die Vereinheitlichung der Farbe von Autoblinkern, sondern um einen Machtzuwachs vor allem für Großkonzerne zulasten der demokratischen Entscheidungsfähigkeit der gewählten Parlamente.
Das "Zauberwort" heißt ISDS (Streitschlichtungsverfahren zwischen Investoren und Staaten). Es erlaubt Investoren, einen Vertragsstaat zu verklagen, wenn dieser durch politische Entscheidungen geplante Gewinne von Investoren schmälern oder ganz verhindern könnte. Entschieden werden solche Streitigkeiten vor geheim tagenden und aus drei Anwälten bestehenden Schiedsgerichten, gegen deren Entscheidungen es keine Berufungsmöglichkeit gibt. Die nationalen Rechtswege sind ausdrücklich ausgeschlossen. Die Süddeutsche Zeitung nennt dies treffend "Heimlicher Staatsstreich".
Eines der bekanntesten Beispiele ist die 250 Millionen $-Klage des US-amerikanischen Konzerns "Lone Pine" gegen Kanada, weil die kanadische Provinz Quebec ein Moratorium gegen das Gasfracking erlassen hatte.
Ein anderes bekanntes Beispiel ist die milliardenschwere Klage des schwedischen Atomkonzerns Vattenfall gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Atomausstiegs. Basis ist hier die europäische Energiecharta, die ebenfalls solche Klagen vorsieht.
Inzwischen ist eine "Europäische Bürgerinitiative" gegen TTIP gegründet worden, die insgesamt mindestens eine Million Unterschriften (davon ein bestimmter Anteil in mindestens sieben Mitgliedsstaaten) sammeln muss, damit sich die EU-Kommission mit deren Begehren befasst. Auf diese Weise ist erst kürzlich das geplante ACTA-Abkommen verhindert worden.
Wir bleiben am Ball! Wer sich näher mit dieser überaus wichtigen Problematik befassen will, die nicht nur den Umweltschutz, sondern auch Arbeitnehmerrechte, die Daseinsvorsorge und die kulturelle Identität betrifft, der kann sich z. B. anhand der BUND-Präsentation oder der TTIP-Broschüre des "TTIPunfairhandelbar"-Bündnisses informieren.
Sehr aufschlussreich war auch die Monitor-Sendung (ARD) vom 4.8.2014: "Der große Deal: Geheimakte Freihandelsabkommen".
Und wer sich - natürlich ganz im Sinne der "Ausgewogenheit" - besonders amüsieren will, der studiere die ebenfalls Anfang August herausgegebenen "Aufklärungsmaterialien" der Bundes-CDU zu TTIP.
Inzwischen hat eine erfreuliche Entwicklung auch auf lokaler Ebene eingesetzt: Eine bayerische Region hat eine Resolution gegen TTIP, CETA und TiSA abgefasst. Dies ist ein gutes Beispiel auch für die Gemeinden und Kreise des Münsterlandes!
Am 13.8.2014 wurde die abgestimmte Endfassung des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens "geleakt", derzeit allerdings ausschließlich auf englisch: https://t.co/Gu0AHa9hBT
Es bestätigt alle Vorbehalte, die die gesellschaftlichen Gruppen in der EU und Kanada bisher erhoben haben: So nicht! Es bestätigt desweiteren, dass uns die politische Allianz der Befürworter aus CDU/SPD/FDP seit Jahren systematisch belogen haben - entweder absichtlich oder weil diese Leute es nicht besser wussten (was an sich noch schlimmer ist).