Jagd als "ökologisches Korrektiv"?

Auch wenn die "ordnungsgemäße" Jagdausübung sicherlich nicht der Hauptgrund für den drastischen Rückgang der Artenvielfalt und der Häufigkeit vieler Arten in der sog. "Kulturlandschaft" ist, so bietet dennoch das tatsächliche jagdliche Geschehen aus Naturschutzsicht immer mehr Anlass zur Kritik:

  • Es wird von den deutschen Jagdorganisationen, aber auch vom Bundesjagdgesetzgeber behauptet, die Jagd sei ein Korrektiv für die im dichtbesiedelten Mitteleuropa fehlenden Räuber. Sie sei zudem für einen "artenreichen und gesunden Wildbestand" verantwortlich. Dies ist - wie nicht nur die Entwicklung der Rehbestände (und besonders der Wildschweine) eindrucksvoll gezeigt hat - Unsinn.
  • Die wesentlichsten Gründe für die von Rehen und Wildschweinen angerichteten Schäden in der Landwirtschaft bzw. im Forst sind die Monotonisierung der Landwirtschaft und die vielerorts praktizierte Fütterung.
  • Vor allem wohl vor dem Hintergrund der wegen der Intensivierung der landwirtschaftlichen Bodennutzung zurückgehenden "Niederwildbestände" (Hasen, Kaninchen, Fasane) ist der Druck aus der Jägerschaft (legal wie illegal) auf die verbliebenden Beutegreifer (Greifvögel, Marderartige) wieder gestiegen. In NRW ist besonders das Münsterland schon sehr unangenehm aufgefallen (z. B. Giftköder und Fallenjagd).
  • Von erheblichem Ärgernis ist der Umstand, dass in fast allen Schutzgebieten, auch solchen für seltene oder störungsempfindliche Vogelarten, die sog. "ordnungsgemäße" Jagdausübung generell erlaubt oder nur völlig unzureichend beschränkt ist. Jagd gehört nicht in Schutzgebiete!
  • Abgesehen vom aufgeblähten Katalog jagdbarer Arten (von denen viel zu wenige ganzjährig "zu verschonen" sind), sind die Jagdzeiten durchweg deutlich zu lang.
  • Obwohl zum Beispiel in Nordamerika der Schuss mit bleifreiem Schrot schon lange kein Problem mehr ist, suggerieren konservative Jägerkreise immer noch, dass eine solche Umstellung problematisch sei. In den Staatsforsten von NRW (und einigen anderen Bundesländern) ist die Verwendung von bleihaltiger Munition seit 1.4.2013 verboten.
  • Auch das Aussetzen ist ein zunehmendes Ärgernis; es verfälscht nicht nur die natürlicherweise an einem Standort vorkommenden wildlebenden Tierpopulationen, sondern ist zum Teil auch aus Tierschutzsicht inakzeptabel.
  • Nach dem Urteil des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) 2012 hat die schwarz-gelbe Bundesregierung das Bundesjagdgesetz (§ 6a) in völlig unzureichender Weise angepasst. Es muss erwartet werden, dass die rot-grüne Landesregierung von ihrer Abweichungsgesetzgebungskompetenz gem. Art. 72 (3) GG Gebrauch macht und das Landesjagdgesetz dahingehend ändert, dass zukünftig auch juristische Personen (z. B. Naturschutzvereine und -stiftungen!) auf ihren Grundstücken die Jagdausübung beenden können.

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31. Oktober 2015

Erst das Verwaltungsgericht musste europäisches Recht durchsetzen...

Die Vorgeschichte: Eine Grevener Tierschützerin wollte die Jagdausübung auf ihrem Grundstück mit Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGM) durchsetzen. Damit lief sie aber bei der Steinfurter Kreisverwaltung auf bleierne Ablehnung, die ihr die Gewissensgründe absprach.

Erst das Verwaltungsgericht musste das EGM-Urteil durchsetzen und bezeichnete die beiden Vertreter des Kreises Steinfurt als "verbockt und uneinsichtig" (MZ von heute). Wahrlich eine treffende Charakterisierung und nicht ganz untypisch auch für viele Mitglieder des Landesjagdverbandes...

Fuchmassaker, Foto: Kommitee gegen den Vogelmord
19. August 2015

Mitglied des LJV-Vorstandes bei illegaler Greifvogelverfolgung erwischt

Dank der Recherchebemühungen des "Komitees gegen den Vogelmord" ist es gelungen, bei einem Vorstandsmitglied des Landesjagdverbandes NRW eine (illegale) Greifvogelfalle sicherstellen zu lassen. Wie die Polizei des Kreises Warendorf meldete, wurde die Fanganlage sichergestellt und ein Verfahren gegen den Betreiber eingeleitet.

An diesem Beispiel wird ein weiteres Mal deutlich, welche Gesinnung offenbar bis in die höchsten Kreise des Landesjagdverbandes reicht.

17. Juni 2015

Landesjagdverband "reif für die Anstalt"

Münstersche Zeitung

Nachdem mittlerweile deutlich geworden ist, dass sogar die CDU-Landtagsfraktion keine Anstalten macht, gegen die - äußerst bescheidene - Novellierung des Landesjagdgesetzes verfassungsrechtlich vorzugehen, dreht der Präsident des LJV jetzt völlig durch und vergleicht einen Baum auf dem eigenen Grundstück mit sich dort meist zufällig aufhaltenden "wilden" Tieren (siehe Ausriss aus der MZ von heute).

Die Zeiten der Feudalherrschaft sind nun allerdings schon länger vorbei - nur haben manche Jäger das noch nicht gemerkt.

Vielleicht empfiehlt sich auch mal ein Blick ins Grundgesetz: Wie heißt es so schön in Artikel 14 (2) GG: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."

Davon mal ganz abgesehen: Die abschießbaren Arten sind durchweg vom Grundstücksinhaber nicht "gesät" worden, weshalb er auch keinerlei Anspruch auf "Ernte" hat. Den billigt ihm die Gesellschaft - also der Gesetzgeber - zu. Auch hier hilft ein Blick ins Grundgesetz, diesmal Artikel 14 (1): "Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt."

 

 

 

29. Mai 2015

"Hochmut kommt vor dem Fall"

Münstersche Zeitung vom 29. Mai 2015

Hat der LJV inzwischen jedes Maß verloren? Das neue Landesjagdgesetz enthält aus Naturschutzsicht so gut wie keine Verbesserungen, lediglich Tierschutzaspekte haben verstärkt Eingang gefunden. Die SPD NRW ist vor dem LJV in mehreren Punkten eingeknickt, er hat also - aus seiner (beschränkten) Sicht - Erfolg gehabt. Wie nun heute die MZ berichten, will der LJV gegen das neue Landesjagdgesetz klagen und eine "Volksinitiative" starten, wofür man die im Artikel erwähnten 66.000 Unterschriften brauche.

Der LJV läuft Gefahr, die ohnehin nur noch spärlichen Sympathien, die man dem von ihm propagierten "Waidwerk" aus der Bevölkerung entgegenbringt, zu verlieren. Das kann dem Naturschutz, vielen immer noch jagdbaren Arten und dem Wald nur guttun.

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30. April 2015

"Ökologisches" Jagdgesetz vom Landtag verabschiedet

Heute hat der Landtag mit den Stimmen der Regierungsparteien SPD und Grüne sowie den Piraten gegen die Stimmen von CDU und FDP das sogenannte "ökologische" Jagdgesetz verabschiedet.

Aus Tierschutzsicht enthält die Neufassung des Landesjagdgesetzes in der Tat eine ganze Reihe Verbesserungen und kann damit die "Spitze" der Bundes-Landesjagdgesetze erklimmen. Aus Naturschutzsicht allerdings ist die Novellierung eine 80%ige Enttäuschung. Vor allem die Grundhaltung - wie sie auch in Redebeiträgen während der Verabschiedung geäußert wurde -, dass nämlich die Jagd ein notwendiges Korrektiv darstelle, liegt dermaßen neben der Wirklichkeit, dass es schon weh tut.

Die Jagd ist ein Hobby und hat nichts mit Ökologie zu tun.

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18. März 2015

LJV-Polemik geht weiter

Heute sind etwa 15.000 Landesjagdverbandsmitglieder wieder in Düsseldorf aufmarschiert, um gegen die äußerst zaghaften Reformen im Entwurf des neuen Landesjagdgesetzes zu demonstrieren. Inzwischen haben der BUND NRW und die Tierschutzverbände gut 30.000 Unterschriften für ein ökologisches Jagdgesetz an die Landtagspräsidentin überreicht.

Unterschriftenüberreichung im Landtag
Diese Darstellung aus der "Neuen Westfälischen" kommt der jagdlichen Wirklichkeit schon näher!

Kampagne für ein ökologisches Jagdgesetz

Vor dem Hintergrund der gelegentlichen Ankündigungen aus der Landesregierung, noch in dieser Legislaturperiode eine grundlegende Novellierung des Landesjagdgesetzes in Angriff zu nehmen, hat der BUND NRW eine umfangreiche Kampagne für ein ökologisches Jagdgesetz angestoßen. Dazu gehört nicht nur eine generelle Positionierung zur Jagd, sondern auch die im Juni angestoßene gemeinsame Initiative von BUND NRW, NABU-NW und den großen Tierschutzverbänden. Mehr dazu erfahren Sie hier. Die Redaktion der Münsterschen Zeitung hat das Thema am 11.8.14 ziemlich breit aufgegriffen.

29. September 2014

Keine Überraschung: Der Landesjagdverband versucht die Mobilisierung

Nachdem am 20.9.2014 der Kabinettsentwurf des Landesjagdgesetzes öffentlich wurde, versucht der Landesjagdverband (LJV) dagegen zu mobilisieren. Aus einem 12 Punkte-Papier wird deutlich, dass die im LJV organisierten Waidgenossen überhaupt keine Veränderungen wollen. Besonders grotesk an der jetzt angelaufenen Kampagne ist der Zusammenschluss mit den beiden Bauernverbänden WLV und RLV (Westfälisch-lippischer und Rheinischer Bauernverband). Es hat den Anschein, dass der LJV noch immer nicht begriffen hat, wer der eigentliche Verursacher des Niederganges der Niederwildjagd ist: Die immer intensiver betriebene industrialisierte Landwirtschaft. Und diese wird bekanntlich von den beiden NRW-Bauernverbänden seit Jahrzehnten gefördert ...

Am 9.10.2014 veranstaltet der Landesjagdverband eine "Protestversammlung" ab 19:00 Uhr in der Halle Münsterland. Alle Tier- und Naturschützer sind herzlich eingeladen, die "Waidgenossen" ab 18:00 Uhr vor der Halle zu begrüßen.

2. Dezember 2014

Der Entwurf des neuen Jagdgesetzes hat Federn gelassen

Nicht viel übrig geblieben ist von dem Versuch der NRW-Landesregierung, ein "ökologisches" und "tierschutzgerechtes" Jagdgesetz zustande zu bringen. In der 2. Lesung wird ein weiter abgespeckter Entwurf behandelt, aus dem z. B. das Ansinnen der Naturschutzverbände herausgeworfen worden ist, auch ihre vereinseigenen Naturschutzflächen vor der Jagd zu bewahren...

Die FDP (ja, in NRW ist sie noch im Landtag vertreten!) erdreistet sich sogar zu einem Antrag, den Gesetzentwurf als Ganzes abzulehnen.



Ist diese "Futterstelle" noch "ordnungsgemäße" Jagdausübung?
Quadratur des Kreises: Jagdansitz neben NSG-Schild in einem europäischen Vogelschutzgebiet. Beide Fotos: Gert Ziegler
Das konnte nicht einfach übergangen werden ... (Quelle: Dülmener Zeitung)
... etwas unbefriedigende Konsequenz (Quelle: Dülmener Zeitung).
Sehr merkwürdig, dass die Falle ausgerechnet unter dem Saatkrähen-Brutbaum stand!
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