Nach dem Ende der kurzen Amtszeit des zum Schluss wenig motiviert erscheinenden Ministers Hans-Otto Bäumer kam aus Schleswig-Holstein Klaus Matthiesen (und mit ihm der spätere GL und noch spätere AL Naturschutz Thomas Neiss), die am 3. Oktober 1983 ihre Arbeit in Düsseldorf begannen.
Aus der Sicht des Naturschutzes begann die Amtszeit von Matthiesen sehr vielversprechend. Die Bezirksregierung konnte ihre Sicherungspolitik für die Feuchtwiesengebiete verstärkt fortsetzen. Die Landesanstalt für Ökologie (LÖLF) bekam den Auftrag, ein umfassendes "Feuchtwiesenschutzprogramm" für das Münsterland, die Weseraue und den Niederrhein zu entwickeln. Zu diesem Zweck lieferten wir weitere aktuelle Daten zur Situation fast aller potentiellen und noch völlig ungeschützten Feuchtwiesengebiete im Münsterland.
Allerdings wurde schon im Herbst 1984 ein kapitaler politischer Fehler begangen, indem der Auftrag erging, ohne weitere Detailprüfung das gesamte Schutzprogramm der Öffentlichkeit (und damit natürlich auch den Landwirten) vorzustellen, ohne gleichzeitig die dafür notwendigen Haushaltsmittel offen zu legen. Dies merkte zunächst selbst der Minister nicht, obwohl die Landwirte schon bei einem seiner größeren Termine im Heubachgebiet am 29.9.1984 vernehmlich ihren Unmut geäußert hatten.
Im Oktober 1984 trafen wir uns mit Klaus Matthiesen in einer Kneipe in Gimbte (Ortsteil von Greven) und warnten ihn eindringlich davor, so weiter zu machen. Dabei fiel von ihm der Satz: "Naturschutz mit Geld machen kann jeder", aber schon bei dieser Gelegenheit wiesen wir darauf hin, dass es für die betroffenen Landwirte durchaus einen fairen Interessenausgleich geben müsse bzw. dass es von entscheidender Wichtigkeit sei, die vom RP begonnene Ankaufspolitik verstärkt fortzusetzen.
Der Höhepunkt der Auseinandersetzungen war dann der 21.2.1985, als Matthiesen im Kreis Steinfurt (nachmittags) und in Ahaus (abends) zwei große Bauernversammlungen abhielt. Anwesend waren neben etlichen hundert Landwirten (und einigen ihrer mit Protest-Transparenten ausgestatteten Kinder), die Naturschutz-Spitzenbeamten des Ministeriums, die Führung der LÖLF, Repräsentanten der Bez.-Reg. Münster, der jeweiligen Kreise und wir.
In seiner langen Rede versuchte Matthiesen zwar, die Gemüter zu besänftigen, jedoch vergeblich. Er schob völlig ungeniert die Schuld auf die LÖLF ("überzogene fachgutachtliche Stellungnahmen" [die zu allem Überfluss auch noch neben dem Demonstrationssaal ausgehängt waren]), woraufhin LÖLF-Präsident Albert Schmid zusammen mit seinen Leuten demonstrativ den Saal verließ; ein ziemlich einmaliger Fall von völlig berechtigter "Insubordination"!
Auch im Verhältnis des ehrenamtlichen Naturschutzes zu Matthiesen war der 21.2.1985 eine Zäsur. Denn in den Wochen und Monaten nach diesem Tag wurden die Schutzgebietspläne um mehrere tausend Hektar zusammengestrichen. Dass wir heute - fast 30 Jahre später - froh sind, wenigstens diese Reste mitgerettet zu haben, zeigt den zumindest im landwirtschaftlich geprägten Raum "bedauernswerten" Zustand des NRW-Naturschutzes der letzten 30 Jahre.
Jedenfalls gingen die Naturschutzverbände anschließend auf Konfrontationskurs, was sich in zahlreichen Schriftsätzen und Presseerklärungen niederschlug. Ein Beispiel dafür ist die "Coesfelder Erklärung" oder das Schreiben an die Landtagsabgeordneten. Denn das Ganze beschränkte sich nicht auf das Münsterland, sondern hatte auch auf den Niederrhein übergegriffen.
In einer "Kurzchronik" sind die turbulenten Monate zwischen September 1984 und März 1985 etwas detaillierter dargestellt.
Die Devise "Naturschutz nur mit der Landwirtschaft" ist jedenfalls nicht nur damals von der Naturschutzbürokratie völlig missverstanden bzw. fehlgedeutet worden: Diese Losung ist nur insofern sinnvoll, als dass (was später ja auch durch die Landwirtschaftskammern geschah) parallel zu den Schutzbemühungen den Landwirten nach objektiven Kriterien ermittelte Entschädigungen angeboten werden müssen. Eine Mitsprache bei den naturschutzfachlichen Abgrenzungen oder den im Schutzgebiet selbst zu planenden Maßnahmen ist in der Regel völlig absurd: "Wer einen Teich trockenlegen will, darf die Frösche nicht befragen".