
Freihandelsabkommen TTIP
Abkommen nur mit höchsten Arbeits- und Sozialstandards
"Freihandelsabkommen dürfen weder Arbeitnehmer- noch Verbraucherschutz-, Sozial- und Umweltstandards gefährden", sagte Wetzel. "Wir lehnen jede Art von Investitionsschutzabkommen ab und erwarten, dass alle ILO-Kernarbeitsnormen von der US-Seite unterzeichnet werden. Ist auch nur einer dieser Punkte zweifelhaft, sagt die IG Metall "Nein" zu den TTIP-und CETA-Verhandlungen." Es genüge nicht, wenn "versichert" werde, Arbeits- und Sozialstandards seien nicht Gegenstand der Verhandlungen, sie stünden nicht zur Disposition, und es würde keine Verschlechterung geben! Fakt ist: Handelsliberalisierung führt zu mehr Wettbewerbsdruck auch und gerade auf Arbeits- und Sozialstandards."
Mit einem Positionspapier
will der Deutsche Gewerkschaftsbund mit der Bundesregierung eine
gemeinsame Position zu den TTIP-Verhandlungen finden. Das steht laut
Wetzel unter einem weiteren großen Vorbehalt: "Die IG Metall erwartet,
dass die Bundesregierung den aktuellen Entwurf zum Handelsabkommen CETA
mit Kanada ablehnt und dies auch auf EU-Ebene durchsetzt. Das ist die
Nagelprobe für die Glaubwürdigkeit der Vereinbarung."
Den
geringen Wachstumseffekten von Handelsabkommen stehen große Gefahren
gegenüber. Das gilt für den Verbraucher- und Umweltschutz ebenso wie für
Arbeits- und Sozialstandards. Die IG Metall verlangt deshalb
klare, verbindliche und durchsetzbare Regelungen zum Schutz und
Ausbau von Beschäftigtenrechten sowie von Sozial- und
Umweltstandards. Bisher haben die USA nur zwei der acht
Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)
ratifiziert. Für die IG Metall ist es unabdingbar, dass
die USA alle ILO-Kernarbeitsnormen ratifizieren und
umsetzen. Dasselbe gilt für den Entwurf des Abkommens mit Kanada
(CETA). Die geplanten Handelsabkommen haben aus Sicht der IG Metall
nur dann wegweisenden Charakter, wenn Verbraucherschutz und
Arbeitnehmerrechte den gleichen Stellenwert haben, wie der Wegfall von
Zollschranken und Handelsbarrieren.
- Worum geht es beim transatlantischen Freihandelsabkommen?
- Was soll das Abkommen bringen?
- Welche Risiken bestehen?
- Wie ist die Position der IG Metall?
Worum geht es beim transatlantischen Freihandelsabkommen?
Zurzeit verhandeln Vertreter der Europäischen Kommission und der
USA über eine transatlantische Freihandels- und
Investitionspartnerschaft (TTIP - Transatlantic Trade and
Investment Partnership). Ziel ist es, Zölle abzubauen, Standards beim
Umweltschutz zu schaffen und technische Normen und Arbeitnehmerrechte
anzugleichen. Kurz: Tarifäre und nicht-tarifäre Handelsbeschränkungen
zwischen den USA und der EU sollen beseitigt werden. Auch beim geplanten
Abkommen mit Kanada (CETA) sollen Zölle gesenkt und Regulierungen
harmonisiert werden.
Tarifäre und nicht-tarifäre Hemmnisse
Tarifäre
Handelsbeschränkungen sind etwa Zölle, die bei der Einfuhr von Waren in
ein Land erhoben werden, was diese für den Verbraucher teurer machen
kann. Die Ursachen für nicht-tarifäre Handelshemmnisse liegen meist in
unterschiedlichen technischen Standards, Regeln zur Produktqualität oder
gesetzlichen Vorschriften für Waren und Dienstleistungen. Das betrifft
zum Beispiel etwa Lebensmittel, Medikamente oder Autos. Vor der Einfuhr
von Waren ist deshalb nachzuweisen, dass sie die Kriterien des
Ziellandes erfüllen. Das erhöht die Kosten für ihre Ausfuhr. Sind die
Kriterien nicht erfüllt, kann der Import verboten werden. So dürfen zum
Beispiel hormonbehandeltes Fleisch und mit Chlor behandelte Hühnchen
nicht in die EU und französischer Schimmelkäse à la Roquefort nicht in
die USA eingeführt werden.
Was soll das Abkommen bringen?
Mit dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA entstünde
der größte gemeinsame Wirtschaftsraum der Welt. Der nahezu
schrankenlose Handel soll laut Befürwortern die Produktivität steigern
und die Importkosten und Preise für die Verbraucher senken. Ihr
Versprechen: mehr Wachstum, mehr Wohlstand, mehr Arbeitsplätze auf
beiden Seiten des Atlantiks. Die bislang dazu durchgeführten
Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Verheißungen höchst ungewiss und
die positiven Effekte auf Wachstum und Arbeitsplätze eher gering sind.
Welche Risiken bestehen?
Kritiker sehen durch die TTIP die Arbeits-, Sozial-, Produkt- und
Umweltstandards in den Mitgliedsländern in Gefahr. Sie befürchten, dass
diese als Ergebnis der Verhandlungen auf dem jeweils niedrigsten Niveau
angeglichen werden. Das würde die Lebensqualität der Menschen in Europa
und Amerika entscheidend verschlechtern. Die Öffnung des
europäischen Marktes für Chlorhühnchen, Hormonfleisch und nicht
gekennzeichnete, gentechnisch veränderte Lebensmittel wäre dabei nur
eine Seite der Medaille.
Folgen des Investitionsschutzes
Gewerkschaften
stoßen sich vor allem am Investitionsschutz. Denn ein auf die
Interessen der Investoren zugeschnittenes TTIP stärkt die Macht der
Konzerne. Dadurch werden die demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten der
Gesellschaft massiv einschränkt.
Mögliche Folgen sind bereits
heute zu beobachten: So hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall
die Bundesrepublik Deutschland wegen des Atomausstiegs auf
Schadensersatz verklagt, weil das Stilllegen von Atommeilern den Gewinn
des Unternehmens schmälert. Der Streitwert beträgt 3,7 Milliarden Euro,
die - sollte Deutschland die Klage verlieren - vom
Steuerzahler zu begleichen sind.
Zwar sind die USA Mitglied der internationalen Arbeitsorganisation (ILO), sie haben aber nur zwei der acht ILO-Kernarbeitsnormen
ratifiziert. Nicht in Kraft gesetzt wurden Normen, die Grundlagen für
gewerkschaftliche Aktivitäten und Tarifverhandlungen garantieren.
Amerikanische Gewerkschaften befürchten deshalb, dass diese durch den
geplanten Investitionsschutz auch in Zukunft nicht in den USA
ratifiziert werden. Die Beispiele zeigen: Unternehmen können auf
Grundlage des Investitionsschutzes das Stärken von Arbeitnehmerrechten
oder höhere Umwelt-, Gesundheits- und Sozialstandards juristisch
bekämpfen.
Wie ist die Position der IG Metall?
Wie das Abkommen derzeit angelegt ist, profitieren Wenige auf
Kosten von Vielen. Deswegen steht für die IG Metall fest: Ohne
eingebauten Arbeitnehmer- und Verbraucherschutz kein Freihandelsabkommen
zwischen der EU und den USA! Die Gewerkschaft fordert Regeln, die
Arbeitnehmerrechte, Sozial- und Umweltstandards auf einem hohen Niveau
schützen.
Kein Investitionsschutz nötig
Das
Handelsabkommen zwischen der EU und den USA braucht aus Sicht der IG
Metall keinen eingebauten Investitionsschutz. Die Rechtssysteme der
Vertragspartner sind so weit entwickelt, dass sie Investoren ausreichend
schützen. Der geplante Investitionsschutz würde den demokratischen
Rechtsstaat untergraben, da er Unternehmen die Möglichkeit bietet, über
private Schiedsgerichte nationale Gesetze und Gerichte zu umgehen. Damit
würde der Handlungsspielraum demokratischer Staaten eingeschränkt. Die
Zeche hätten die Steuerzahler zu zahlen: Sie müssten den ausländischen
Unternehmen für ihre entgangenen Gewinne Schadensersatz leisten.
Bedingungen der Gewerkschaften
Die
IG Metall und weitere DGB-Gewerkschaften würden dem Transatlantischen
Freihandelsabkommen unter folgenden Bedingungen zustimmen:
- umfassende transparente und demokratische Beteiligung der Parlamente und der Zivilgesellschaften,
- klare, verbindliche und durchsetzbare Regelungen zum Schutz und Ausbau von Arbeitnehmerrechten sowie von Sozial- und Umweltstandards. Keine Behinderung sozialer ökologischer staatlicher Regulierung. Dazu gehört auch die Möglichkeit, die öffentliche Auftragsvergabe an die Einhaltung sozialer Bedingungen zu knüpfen,
- das Abkommen muss sicherstellen, dass für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mindestens dieselben Arbeitsstandards und -rechte gelten wie für andere Beschäftigte im Zielland,
- das Abkommen darf nicht zu einer Liberalisierung oder Privatisierung öffentlicher Bereiche - insbesondere öffentlicher Dienstleistungen - führen, oder Reregulierungen behindern,
- das Abkommen darf keine Regelungen zum Investitionsschutz enthalten, die zu einer Beeinträchtigung von Arbeitnehmerrechten führen könnten, oder die Möglichkeiten des Staates beschränken, sinnvolle Regelungen im Interesse der Bevölkerung oder der Umwelt zu erlassen.
- Für die IG Metall ist es eine unabdingbare Voraussetzung für das Abkommen, dass die USA die Kernarbeitsnormen der ILO ratifizieren und umsetzen.